USER - Anfrage an den Fachausschuss
Sehr geehrte Damen und Herren!
Meine Verlobte und ich möchten im August heiraten. Unser Wunsch ist es, dass meine Tante, welche auch meine Tauf- und Firmpatin ist, die standesamtliche Trauung vornimmt. Die Trauung findet in einer eigenen Hochzeitslocation außerhalb der Heimatgemeinde des Brautpaares bzw. auch außerhalb die Dienstortes der potentiellen Standesbeamtin statt.
Nun wurden uns die Ausschließungsgründe nach dem AVG bekannt.
Meine Frage hierzu: sind die Schutzbestimmungen des Paragraph 7 AVG hierbei überhaupt anzuwenden, nachdem der Formalakt davor ja an einem "unabhängigen" Standesamt abgewickelt wird bzw. wer sollte im Falle einer Trauung von dieser Schutzbestimmung geschützt werden?
Vielleicht können Sie mir da weiterhelfen. Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.
MfG –x-
Meine Mailadresse: -x-
Sehr geehrte –x- !
Bezugnehmend auf Ihre Anfrage vom –x- möchte ich
wie folgt antworten:
Vertreter aus Politik und Wirtschaft, die Gastronomie und Hotellerie, sowie diverse
Hochzeitsagenturen erwarten von den Personenstandsbehörden eine großzügige
Auslegung der Regelung im § 18 des Personenstandsgesetzes 2013.
Auf etlichen Gemeinde-Homepages bietet man, sozusagen als Dienstleistung, „Traumhochzeiten“
außerhalb der Amtsräume an. Entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers werden mehrfach
durch bewusste Falschauslegungen der gesetzlichen Bestimmungen Individualwünsche der
Brautleute erfüllt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Eheschließung ein privatrechtlicher
Vertrag ist bzw. mit der Trauungstätigkeit des Standesbeamten ein Akt der
Hoheitsverwaltung gesetzt wird. Die Befangenheitsregeln des § 7 AVG sind
demnach zu beachten.
Ihre Tante ist in Ihrem Fall als Organwalterin
(Standesbeamtin) befangen.
Bezugnehmend auf den Trauungsort ist die Personenstandsbehörde verpflichtet, diese an einem Ort
vorzunehmen, die der Bedeutung der Ehe entspricht – in der Regel ist dies der Trauungssaal der
Eheschließungsgemeinde.
Das Organ der Gemeinde kann zusätzlich Trauungsorte außerhalb der
Amtsräumlichkeiten, jedoch innerhalb des Gemeindegebietes festlegen, sofern die gesetzlichen
Rahmenbestimmungen erfüllt werden.
Der Organwalter (Standesbeamter/in) darf nur innerhalb seines Gemeindegebietes Trauungen vornehmen.
Trauungen außerhalb des Zuständigkeitsbereiches sind „Show-Hochzeiten“ und haben keine rechtliche Basis oder Verbindlichkeit.
Die Vornahme solcher Trauungen würde dienst-/disziplinar- und strafrechtliche Konsequenten zur Folge haben.
Eine Trauung durch ein unzuständiges Organ wäre eine Amtsanmaßung und ist im Ergebnis eine „Nichtehe“!
V o r s c h l a g :
a) Ihre Tante macht im Beisein des amtierenden Standesbeamten die Ansprache (Rede)
vor und nach der Rechtshandlung!
b) Der zuständige Standesbeamte macht den Rechtsakt, und zwar das Konsensgespräch
„Frage des Standesbeamten und Antworten der Eheschließenden“
Mit freundlichen Grüßen und alles Gute!
Karlheinz Westermayer
Fachverband der österreichischen
Standesbeamtinnen und Standesbeamten
- Fachausschuss -
1010 Wien, Habsburgergasse 5